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Junk-Band Botticelli Baby veröffentlicht viertes Studioalbum „Boah“

    Die aus Essen stammende Jazz-Punk-Band Botticelli Baby veröffentlicht am 27.10.2023 ihr viertes Studioalbum Boah via Unique Records / Schubert Music inklusive Fokustrack „Bloody Orgasm“. Im November folgt eine elftägige Deutschland-Tournee mit Halt in Städten wie Aachen, Bochum, Köln, Göttingen, Berlin, Dresden, Hamburg und Lübeck.

    Wer Botticelli Baby zum ersten Mal live auf der Bühne erlebt, den versetzt es angesichts des Genre-sprengenden Sound-Clashs, der ungefilterten Energie und der puren Spielfreude des nordrhein-westfälischen Septetts nicht selten in eine spontane Instant-Schockstarre. Und selbst bei langjährigen Fans lässt sich während der schweißtreibenden Konzerte des Essener Musikerkollektivs eine ganz ähnliche Reaktion zwischen blanker Überraschung und ansteckender Euphorie beobachten. Ein echter „Boah“-Effekt, den Botticelli Baby nun auf ihrem vierten StudioalbumBoah eingefangen haben!

    Seit mittlerweile zehn Jahren verbinden Botticelli Baby den Freigeist und den Schaffensdrang eines Sandro Botticelli mit dem ungefilterten Rebellen-Spirit und der Unberechenbarkeit des Rock’n’Rolls in ihrem packenden In-Your-Face-Crossover aus Jazz, Punk, Blues, Folk, Funk, Balkan und Pop – ein eklektischer Mix, der sich am besten mit dem Titel ihres neuen Studioalbums beschreiben lässt: „Boah“! Botticelli Baby lieben das Experiment und die kreative Reibung. Mit fast akribischer Detailverliebtheit hantieren Frontmann Marlon Bösherz (Vocals, Bass), Alexander Niermann (Trompete), Jörg Buttler (Gitarre), Lucius Nawothnig (Klavier), Tom Hellenthal (Schlagzeug), Max Wehner (Posaune) und Christian Scheer (Saxophon) mit stilistischen Gegensätzen und Widersprüchen, während man den Jazz von seiner elitären Verkopftheit und den Punk von seinem Dosenbier-bekleckerten Schmuddelimage befreit. Sorgsam fusionieren die erklärten Schubladen-Verweigerer aus den verschiedensten Einflüssen ihren ganz eigenen Trademark-Style für die man praktischerweise gleich die passende Bezeichnung mitliefert: Junk – ein Mix aus Jazz und Punk, mit dem sich Botticelli Baby schnell einen stabilen Ruf als eine der eigenwilligsten und aufregendsten Formationen in Deutschland und darüber hinaus erspielt haben.

    Nach den drei viel beachteten Studioalben Botticelli Baby (2015), Junk (2018) und Saft (2021) plus dem Konzertmitschnitt Live (2019), vielen hundert Auftritten in ganz Europa sowie Slots auf renommierten Festivals wie dem Elbjazz, c/o Pop, dem Fusion Festival oder dem Reeperbahn-Festival veröffentlichen die Essener pünktlich zu ihrem 10-jährigen Betriebsjubiläum eine brandneue Scheibe. Auf Boah setzen Botticelli Baby nun den Weg fort, den die Band auf ihrem letzten Longplayer Saft eingeschlagen hat: Weg vom Swing und Jazz, hin zu einer noch poetischeren, facettenreicheren und nahe grenzenlosen Stilistik. Was sich mit dem Closing-Track „Ballerspring“ vom letzten Album bereits als mitreißender Cliffhanger angekündigt hat, dass bauen die Babys nun mit aller gebotenen Lässigkeit auf Boah noch ein ganzes Stück weiter aus. „Wir lieben es, einander zu provozieren und musikalisch herauszufordern“, erklärt Sänger Marlon Bösherz. „Wenn wir auf Tour sind, spielen wir uns unterwegs gegenseitig immer andere Künstler und Genres vor, die wir später im Proberaum diskutieren, dekonstruieren und auf unsere Weise interpretieren. Gemeinsam sind wir wie ein gigantischer High-End-Katalysator“, durch den Botticelli Baby sämtliche Inspirationen in etwas völlig Eigenes transformieren.

    Auf Boah verbinden Botticelli Baby fette Bläser mit groovigen Drums, treibenden Gitarren, ausgeklügelten Rhythmiken, sofort ins Ohr gehenden Power-Melodien und den irgendwo zwischen Lou Reed, Jim Morrison, Jon Spencer oder The Cramps‚ Lux Interior pendelnden Vocals zu einem funky Breitwand-Mix, der von Bösherz‘ bilderstarken Lyrics veredelt wird. Sämtliche Songs wurden in einer abgelegenen Hütte im Schwarzwald aufgenommen und in Eigenregie selbst von der Band produziert. Eine irgendwie intime Wohnzimmeratmosphäre, die auf Boah in Sekundenbruchteilen zu voller Größe explodiert. „Bei uns im Pott ist der Begriff ‚Boah‚ ein Ausruf des Erstaunens“, ergänzt Bösherz. „Oft hören wir ihn vom Publikum am Anfang unserer Shows, in diesem Fall fasst dieses ‚Boah‚ aber auch unsere eigenen Gefühle zusammen. In den letzten zehn Jahren sind wir gemeinsam durch sämtliche Höhen und Tiefen gegangen. Ob Hochzeiten und Geburten, Scheidungen oder Krankheiten. Das alles schweißt wahnsinnig zusammen. Dieses Album ist eine Art Tribut an unsere eigene Historie und Resilienz. Unsere ganz persönliche Jus; die eingedampfte Essenz dessen, was wir machen und wer wir sind. Botticelli Baby pur.

    Ein pures, unverfälschtes Album, auf dem Botticelli Baby eine Momentaufnahme aus dem wirklichen Leben abbilden. Boah widmet sich dem ewigen Kreislauf aus Blühen und Verwelken und gibt eine kurze Sequenz innerhalb der Ewigkeit wieder. Songs von Suizid, Abschied und Trauer, aber auch von Lebensfreude, Sex und hemmungsloser Feierei. Ein ständiges Spiel mit den Extremen, das Botticelli Baby in verschachtelte Klangbilder und metaphorische Lyrics umsetzen. „Die meisten meiner Texte gehen aus Gedichten hervor, die ich auf Deutsch schreibe. Ich benutze viele mosaikartige Bilder, um ein großes Ganzes zu beschreiben, mit dem ich meine Emotionen oder Gedanken ausdrücke. Stück für Stück verdichten sich diese Bilder, bis ich sie in englischsprachige Lyrics übersetze und beim Jammen schließlich ein Song daraus wird“, so Marlon Bösherz über seinen kompositorischen Modus Operandi. Neben seiner Arbeit mit Botticelli Baby veröffentlicht der Lyriker mehrere Gedichtbände pro Jahr und ist europaweit bei Autorenlesungen sowie im Rahmen von speziellen Performances und Ausstellungen zu erleben, bei denen er Buchkunst mit aufwändigen Klangskulpturen verbindet.

    Mit Boah legen Botticelli Baby nun den Soundtrack für lange Nächte vor. Songs für die Zeit zwischen 20 Uhr abends und 4 Uhr morgens, für ausschweifende Partys und die irgendwie surreale Early-Morning-Stimmung nach Sonnenaufgang, wenn sich die Synapsen völlig neu im Frühnebel verketten. Botticelli Baby lieben das Drama und die große Geste, wie die Band schon mit dem andächtigen „Intro“ demonstriert, bevor der brodelnd-eruptive dirty Swing von „Poems“ den Late-Night-Pulsschlag des Albums vorgibt. Wer hier an eine gemeinsame Jam-Session von den Bad Seeds, Angelo Baladamenti und dem Duke Ellington Orchestra denkt, liegt gar nicht mal so falsch. Alles Referenzen, die sich im großen, wilden Botticelli Baby-Kosmos wiederfinden. Eine Gratwanderung zwischen Jazz und Dance, Melancholie und Selbstironie, die geschmeidig in das funky Lounge-TuneStorms On My Skin“ übergleitet. Ein Ode an die Einheit mit ihren Fans und Supportern schicken Botticelli Baby mit jazzigenWe’re One“ raus, bevor man sich auf dem treibendenBlue Dots“ mit einer ersten Frage beschäftigt: Dem Thema Selbstmord und der eigenen Verantwortung anderen gegenüber. Ein Zwiespalt, der Sänger Marlon Bösherz auf der Seele brennt.

    Mit den ‚Blue Dots‚ ist der blaue Himmel hinter den weißen Wolken gemeint. Man schaut in den Himmel und denkt fast automatisch über etwas Vergangenes nach. In diesem Fall über den Suizid einer geliebten Person und darüber, ob man vielleicht eine Mitschuld an der Entscheidung trägt, das eigene Leben zu beenden. Ich denke, es ist das Recht eines jeden Menschen, selbst über sein Leben zu bestimmen. Und in letzter Konsequenz auch über seinen Tod.“ Mit den Unwägbarkeiten der Existenz beschäftigen sich Botticelli Baby auch auf dem an die unwirkliche Film Noir-Atmosphäre eines David Lynch erinnernden „Lips„, auf dem sich verhallte Tremolo-Gitarren durch kalten Rauch zittern, um schließlich in der Saxophon-geschwängerten Erkenntnis zu enden: „Your tear won`t kill me“. Zum unangeschnallten Feiern und respektvollem Partygehabe lädt das Septett mit dem noisy Wall-Of-Sound-BootyshakerDigge Digge Dig“ ein, dem mit „Bloody Orgasm“ eine echte Groove-Machine folgt. Ein unverhohlener Aufruf zum Sex, wie Bösherz sein leidenschaftliches Plädoyer für den Geschlechtsverkehr kommentiert. „Im Grunde drücken wir in dem Stück unsere Sympathie gegenüber der Periode aus. Wir Männer können uns nur schwer in diese Situation reinversetzen und sollten die Bürden des weiblichen Zyklus‘ mehr würdigen und ihm mit Liebe begegnen.

    Eine starke Aussage, bevor das Album mit dem bandinternen Insider-JokeDieter Gray“ mit  augenzwinkernden swingin‘ Lounge-Vibes ausklingt. Abgeleitet von seinem selbst verfassten Gedicht „A Deeper Grey“ verhandelt Marlon Bösherz das Thema Depressionen. „Es geht darum, alles grau in grau zu sehen. Obwohl es sich noch nicht nach einem schwarzen Loch angefühlt hat, war diese Phase für mich härter als alle anderen. Sozusagen ein tieferes Grau“, aus dem sich Botticelli Baby nun mit Boah befreien. Für das Album-Artwork zeichnet der renommierte Grafiker Philipp Krabbe verantwortlich.

    Das Album Boah erscheint am 27.10.2023 via Unique Records / Schubert Music.

    Foto: Martin Hinse