Nach der Veröffentlichung ihres elektrisierenden Debütalbums Sightlines im letzten Jahr und den aktuellen Vorab-Singles „Dream Machine“ (12.07.), „Feb_View“ (23.08.) und „These Hearts“ (04.10.) präsentieren die kanadischen Indie-Rocker The Sarandons mit Drawing Dead ihr zweites Studioalbum, das am 15. November 2024 via Flying Colours erschien. Leadsänger Dave Suchon beschreibt den neuen Longplayer, der größtenteils live eingespielt wurde, als eine Mischung aus „holding on tightly“ und „letting go lightly“. Von den elektrisierenden Momenten in Craig Keeneys markanten Gitarrensoli bis hin zu Damian Colemans kraftvollen, melodischen Basslines beweist die Band erneut ihre Fähigkeit, die Bruchstücke des Lebens eindrucksvoll zu verarbeiten.
Drawing Dead thematisiert die Herausforderungen des mittleren Erwachsenenalters und nimmt diese mit Stolz an. Trotz der thematischen Ernsthaftigkeit bleibt der unerschütterliche Optimismus der Band erhalten. So beeindruckt der Song „Dream Machine“ mit einem euphorischen Refrain, der provokativ „Don’t dream at all“ fordert und zu einem gesunden Umgang mit der Realität aufruft. „Top of the 4th“ beschreibt subtil den unerwarteten emotionalen Ausbruch eines Elternteils bei einem Baseballspiel und spiegelt wider, welche Opfer man als Vater oder Mutter bringen und welchen Herausforderungen man sich stellen muss. Diese Verwobenheit von Fiktion und Realität sowie die brutale Ehrlichkeit bisher nicht geäußerter Gefühle ziehen sich durch das gesamte Album. Der Titeltrack „Drawing Dead“ ist eine eindringliche Reflexion über den Umgang mit dem Unausweichlichen und die Suche nach Frieden durch Akzeptanz. Glänzende Synthesizer und helle Gitarrenleads, die an Dan Boeckner von Wolf Parade erinnern, symbolisieren eine Art Wiedergeburt. Dave Suchons Erinnerungen an den August 1982 zollen dem unermüdlichen Durchhaltevermögen seines Vaters Tribut. In jenem Sommer brach dieser sich bei einem Unfall im Schwimmbecken das Genick und wurde dauerhaft gelähmt. Die darauffolgenden schwierigen Zeiten, aber auch den unerschütterlichen Optimismus und die nie schwindende Hoffnung seines Vaters gedenkt Suchon im Song „August 1982„.
„These Hearts„, einer der gefühlvollsten und akustisch geprägten Momente des Albums, rückt die Liebe in den Mittelpunkt. Mit Zeilen wie „The way you took me back, so unexpected / I wouldn’t love you any less if you didn’t“, schaffen The Sarandons kraftvolle Momente voller Menschlichkeit und Stärke. Mit „Feb_View“ verabschieden sich The Sarandons provokativ von der Idee des ewigen Jungseins. Während Keeney mit Soli im Stil von The Strokes und Tom Verlaine von Television glänzt, kündigt Colemans verzerrte Bassline den Pre-Chorus an. Der Chorus besticht durch eindrucksvolle Beach-Boys-Harmonien von Cummings und Coleman. Mit nostalgischer Kraft werden vergangene Lieben, verpasste Chancen und die schmerzhaften Momente des Loslassens thematisiert. Auch „Shouldn’t I“ bewahrt eine starke Energie und erinnert an den fieberhaften Stil von Bruce Springsteen. Zeilen wie „Dance on these tables like old city cops“ werden von rasanten Schlagzeugfills und durchdringenden Akzenten untermalt, während minimalistische Grooves in den Strophen einen regelrechten Wirbelsturm entfachen.
Drawing Dead ist geprägt von Momenten der Demut, Erkenntnis und dem bittersüßen Eingeständnis, dass es für manche Abenteuer zu spät sein mag. Songs wie „Long Reporter“ und „Henry Said“ erzählen mit treibenden Rhythmen von Verständnis und Moral, während „Telling Me Nothing“ mit eindringlichen Drums und einprägsamen Gitarrenriffs von Missverständnissen im historischen Tollkeeper’s Park in Toronto berichtet. Trotz all dieser Reflexion und Rückblicke ist Drawing Dead kein melancholisches Album, sondern eine kraftvolle Erkundung flüchtiger Erinnerungen und der Möglichkeit, durch Akzeptanz einen neuen Weg zu finden.
The Sarandons blicken auf über ein Jahrzehnt Bandgeschichte zurück und veröffentlichte bisher ein Studioalbum, zwei EPs, ein Live-Album und standen bereits als Support für namhafte Acts wie City and Colour, KK Wilde, Kiwi Jr., Spencer Burton, Dakota Mill, Mattie Leon und Julie Title auf der Bühne.
Das Album Drawing Dead erschien am 15. November 2024 via Flying Colours.
Foto: Ryan Thompson