Nach den Vorabauskopplungen „Wrong Ones„, „Gold„, „Before It Might Be Gone“ und dem kürzlich erschienenen „How Does It Feel“ präsentiert die niederländische Indie-Rock-Band The Vices ihren dritten Longplayer Before It Might Be Gone, der am 07. Februar 2025 via V2 Records erschien.
„Most of us are dealing with some kind of pain. While that might be clear, at times it feels easier to hide away from it and sedate yourself in some way. Away from the hurt feelings, but before you know it all the other feelings might be gone, too. The good feelings. In my experience, you need to feel the bad in order to be able to see the road to the good again. We as The Vices needed to do that, too. We did it on this song and on our upcoming album”, erzählt Sänger Floris van Luijtelaar über Before It Might Be Gone sowie den gleichnamigen Titeltrack, der zudem der Opener des Albums ist. Auf der kommenden LP richtet das Quartett also den Blick nach innen: Es geht um persönliche Gedanken und Probleme; die Art von Problemen, die es manchmal schwer machen, mit sich im Reinen zu sein. Für die Band bieten dann kurze Momente der Geborgenheit und bedingungsloser Liebe einen sicheren Hafen. Wie das Albumcover zeigt, kann dies in ihrem Fall ein Familienessen sein.
Auch wenn sie auf den insgesamt zehn Tracks ihr Inneres ins Außen tragen, sehen The Vices diese Probleme im Kontext unserer Zeit und aktueller Gegebenheiten, wie in der Single „Gold“ (VÖ: 06.09.2024) bereits angedeutet wurde. Untermalt von einem einfangenden Klanggerüst, beschäftigen sich die Groninger in „Gold“ mit dem dauerhaften gesellschaftlichen Selbstoptimierungsdruck und der Suche nach dem metaphorischen Gold – ein Verlangen, das viele in der heutigen Zeit nachvollziehen können.
Damit zeigt sich der Kern der LP. So offenbart Floris: „Of course, your personal problems have to do with the rest of the world. You live in this world, you compare yourself and your actions with the world around you. I realised that I did not act okay towards other people. I had certain unpleasant patterns, made bad choices and needed to change. This period brought many questions.“ Letztendlich führen reflektive Auseinandersetzungen damit zu einer veränderten Sichtweise auf das eigene Leben. So stellen The Vices sich auf Before It Might Be Gone Fragen wie: Wie will ich mich künftig verhalten? Wie kann ich die Dinge wieder in Ordnung bringen? Glaube ich, dass jeder Mensch eine zweite Chance verdient? Und was denkt der Rest der Welt darüber? Ist die öffentliche Meinung überhaupt etwas wert? Oder geht es vor allem um die eigene Meinung und die der Menschen, die einem nahe stehen? Dieser immensen Aufgabe haben sich die Bandmitglieder gestellt und im Facettenreichtum von Before It Might Be Gone verpackt.
The Vices, bestehend aus Floris van Luijtelaar, Jonathan Kruizenga (Orgel, Gitarre), Mathijs Louwsma (Drums) und Simon Bleeker (Bass), erschaffen mit ihrer Musik eine energetische und unverkennbare Mischung aus Indie- und Britpop sowie Garage- und Surf-Rock mit psychedelischen Klängen, die an Bands wie Cage The Elephant und The Strokes erinnern. Auf dem Debütalbum Looking For Faces (2021) und dessen noch mutigerem Nachfolger Unknown Affairs (2023) warf das Quartett Fragen rund um gesamtgesellschaftliche Themen wie Selbstwirksamkeit, Liebe, Einsamkeit, Freundschaft und Sucht auf. Ihre Antworten gossen sie in Klänge der Aufbruchsstimmung, die sich in ihrer einzigartigen Live-Energie kanalisierte.
Bei dieser Vielschichtigkeit ergibt es nur Sinn, dass sich auf Before It Might Be Gone ebenfalls verschiedene Einflüsse, Eindrücke und Themen niederschlagen. So koexistieren langsame Stücke wie „How Does It Feel“ und „Lover‘s Eyes„, die sich um verflossene Liebe und neue Chancen drehen, mit tanzbaren Rock-Songs wie „Shaking Shoulder“ sowie mit Jake Bugg inspirierten Momenten wie auf „Still They May Not Like It„. Während „Shaking Shoulder“ an den Indie der späten Noughties und früheren 2010er erinnert, verleihen die Vier dem Song ihren typischen The Vices-Charakter. Zwischen dem eingängigen Indie-Rock-Refrain drehen sich die Strophen um Einsamkeit und eine sich entfaltende Lovestory. Wie Floris erläutert: „You meet someone and fall in love like you never did before. It’s the only thing, it’s an all-encompassing kind of love. But then slowly the seemingly eternal summer changes. You start to have doubts, and that fucks you up because you think that this was it. That happened to me. […] I was shaking myself. But I wanted her to be able to rest, and the place where she could always sleep and rest was on my shoulder.” Ein Song, der nicht persönlicher sein könnte, aber durch den leichten Sound so zeitlos wird.
Konzerte sind für The Vices ein weiterer, elementarer Bestandteil des Band-Daseins. Nachdem die Band schon mehrere ausverkaufte Club-Touren, als Support-Act für Musik-Größen wie Yungblud, Nothing But Thieves und Kensington sowie auf Festivals wie dem ESNS, Sziget, SXSW und Best Kept Secret spielte, folgt dieses Jahr eine weitere Tour durch die USA. Seit 2022 organisieren The Vices in Groningen zudem ihr eigenes Festival namens „ViceFest“, das 2023 ins Ausland expandierte und u.a. in Berlin fortgeführt wurde. Ihre Shows sind von einzigartiger Energie geprägt und Before It Might Be Gone-Songs wie „Wrong Ones“ klingen wie für die Bühne gemacht. So ist es nur logisch, dass sich das Quartett nach Album-Release auf eine Headline-Tour geben wird, bei der sie im März 2025 auch in Frankfurt am Main, Stuttgart, München und Berlin Halt machen.
Das neue Album Before It Might Be Gone erschien am 7. Februar 2025 via V2 Records.
Foto: Milenco Dol